Denn das Herz wird nicht dement

Was ist eigentlich Kulturgeragogik? Der Begriff ist vielen noch fremd und die Fachdisziplin ist tatsächlich noch keine 15 Jahre alt. Kulturgeragogik beschäftigt sich als Alterspädagogik zum einen damit, wie ältere Menschen lernen. Zum anderen geht es um Teilhabe an Kunst und Kultur für mehr Lebensqualität und Partizipation bis ins hohe Alter – auch im Fall einer Demenz-Erkrankung. Das Kulturgeragogik-Programm im Bürgerhaus Wilhelmsburg zeigt beispielhaft, dass das Herz nicht dement wird.

Autorin: Ulrike Ritter

Beim Tanztee „Tanzen möcht ich“, Foto: Andreas Bock

Das Programm für ältere Menschen im Bürgerhaus Wilhelmsburg beinhaltet mehrere demenzsensible Formate, die im Haus entwickelt wurden. Musik ist ein zentraler Schlüssel für Menschen, die an Demenz erkrankt sind, und so ist es nicht verwunderlich, dass viele Angebote auf Musik basieren – wie zum Beispiel die Mitsing-Konzerte „Geh aus, mein Herz“, der Tanztee „Tanzen möcht‘ ich“, der Jazzfrühschoppen und das Musik-Theaterprojekt „Konfetti-Plus“ mit Schulkindern und Menschen mit dementieller Erkrankung. Um Kinder an das Thema Demenz heranzuführen, hat eine Theaterpädagogin und Fachfrau für generationsübergreifende Demenz-Projekte einen Workshop mit Bilderbuchkino entwickelt.

Das Bürgerhaus-Team arbeitet eng mit Senior*inneneinrichtungen im Stadtteil zusammen, um die Angebote weiter­zuentwickeln und Zielgruppen zu erreichen, die den Weg nicht allein finden würden. Die Angebote ermöglichen die Teilhabe älterer Menschen am öffentlichen Leben, rücken das Thema Demenz in den Fokus, enttabuisieren es und fördern die gesellschaftliche Entwicklung zu einem sensibleren Umgang mit den betroffenen Menschen. Beim Kulturgeragogik-Programm im Bürgerhaus Wilhelmsburg geht es aber auch um Selbst­organisation und Mitbestimmung älterer Menschen. Viele ­treffen sich schon seit Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten, ­selbstorganisiert für verschiedene Aktivitäten wie Singen, ­Spielen und Klönen in den Räumen des Hauses.

Die Gruppen-Aktivitäten ermöglichen das Knüpfen sowie Pflegen von Kontakten und unterstützen so die soziale Teilhabe der Senior*innen. Das Bürgerhaus stellt dabei nicht nur die Räume, sondern ist eng mit den Akteur*innen im Austausch. An der Entstehung der Veranstaltungsformate waren einige der besonders engagierten Keyworker beteiligt: Mitglieder des Bandoneon-Orchesters haben den Tanztee mitentwickelt und die Leitenden von Sing-Treffen wurden bei der Corona-beding­ten Neuausrichtung der Mitsing-Konzerte eingebunden. Durch regelmäßigen Austausch mit den verschiedenen Akteur*innen und interne Evaluation werden die kulturgeragogischen ­Formate stets weiterentwickelt, an dynamische Situationen angepasst und perspektivisch ausgebaut.

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